Lange hat es gedauert, aber in diesem Sommer haben wir endlich die wunderschöne Parkanlage der historischen Villa March – auch als Palast Sa Torre Cega bekannt – besuchen können.
Das Landgut thront auf dem Hügel zwischen dem Hafen von Cala Ratjada und der malerischen Cala Gat. Da eine Teilnahme an der Führung nur nach vorheriger Anmeldung möglich ist, haben wir uns ca. 6 Tage vorher direkt in der Touristeninformation von Cala Ratjada am Placa dels Pins angemeldet.
Zur Besichtigung fanden sich etwa 10 Touristen ein, die von der quirligen Fremdenführerin durch das seitliche Nebentor auf das Anwesen gelassen wurden. Dabei ist der Eintrittspreis von 4,50 EUR pro Person zu entrichten.
Zu Beginn der Führung erfuhren wir zunächst einiges über die Geschichte der Villa. Der Banker und Kunstmäzen Juan March erwarb 1911 (vielleicht auch 1915 – hier streiten sich die Geschichtsschreiber) das Grundstück, auf dem zur damaligen Zeit nur noch die Ruinen eines aus dem 16. Jahrhundert stammenden Wachturms standen.
Der Sa Torre Cega, übersetzt Blinder Turm, verdankt seinen Namen wohl dem Umstand, dass die von diesem Turm aus gesendeten Signalzeichen nicht von den anderen Wachtürmen, die rund um Mallorca gegen Piratenangriffe erbaut worden sind, gesehen oder von diesen empfangen werden konnten.
Beim Bau der dreistöckigen Villa wurde dieser Turm perfekt in die Architektur integriert. Die großzügige Gartenanlage rund um das Herrenhaus, die Jardines des Sa Torre Cega, umfasst eine Fläche von 6 Hektar und wurde ebenso wie die Villa von Stararchitekten konzipiert und angelegt.
Im Jahre 2001 fegte ein verheerender Sturm über die Insel, dieser entwurzelte einen Großteil der Bäume und zerstörte den Garten so stark, dass er 9 Jahre lang für die Öffentlichkeit geschlossen werden musste. Durch den damaligen König Juan Carlos und seine Frau Sophia wurde die Anlage 2010 wiedereröffnet.
Der Rundgang führte zunächst durch den linken Teil der Parkanlage unter grün berankten Pergolen, vorbei an einer Statue von Europa mit Stier und Brunnen mit blühenden Seerosen, in denen sich Wasserschildkröten tummeln.
Weiter ging es an modernen Bronzeplastiken, die gekonnt in die Landschaft eingebunden wurden. Bemerkenswert ist, dass vor allem einheimische Pflanzen, Sträucher und Bäume im Park vorherrschend sind. Besondere Farbtupfer werden durch Strelitzien, blauviolette Schmucklilien, blühende Klebsamen oder weißen Gartenjasmin gekonnt in die Landschaft gestreut.
Mit einer besonderen Leidenschaft machte unsere Fremdenführerin immer wieder auf viele Details aufmerksam. Mehr als nur einmal kam von ihr der Satz „Schauen Sie, fühlen Sie, riechen Sie, schmecken Sie!“. Letzteres meinte sie auch ganz wortwörtlich, indem sie Blätter von einem Strauch zupfte und uns allen anbot – ein sozusagen kostenloses Mittel gegen Mundgeruch.
Jede Biegung im Weg, jede Hecke, jeder Baum hat in diesem Garten einen Zweck zu erfüllen, sei es um den Blick auf eine Skulptur zu lenken oder das Sonnenlicht besonders zu nutzen. Und es gibt nicht nur Kunstwerke zum Sehen, sondern auch zum Anfassen und Bewegen. Zum Beispiel eine drehbare Eisensäule mit Granitsteinen, die mit jeder Bewegung eine etwas andere Form annimmt, sodass jeder selbst zum Künstler werden kann.
Weiter schlängelte sich der Weg allmählich den Hügel hinauf, links und rechts gab es immer wieder Skulpturen spanischer und internationaler Künstler zu entdecken, wie zum Beispiel die Bronzestatue eines Steinschleuderers. Derzeit werden über 40 Skulpturen auf dem Anwesen ausgestellt.
Wir kamen an weiteren Bassins mit wunderschön blühenden Seerosen vorbei, in deren Mitte eine Skulptur aus Messing und Zinn der Berliner Künstlerin Brigitte Meier-Denninghoff platziert ist – getreu der Grundidee von Juan March, Natur und Kunst harmonisch zu verbinden.
Der Rundgang führte nun vorbei am Sonnenbrunnen, durch einen Orangenhain und einen kleinen Kräutergarten, der Geruch von Rosmarin und Lavendel lag deutlich in der Luft.
Durch einen seitlichen Zugang erreichten wir den Anfang der herrschaftlichen Treppe, die hinauf zum Wohnhaus führt. Schauten wir zurück, genossen wir einen wunderschönen Blick auf Cala Ratjada und das schimmernde Meer.
Auf dem Weg nach oben ging unser Blick im Wechsel auf die Villa vor uns und nach hinten auf den Hafen, denn fast mit jeder Stufe, die wir erklommen, bot sich ein neues, tolles Fotomotiv.
Über die gesamte Eingangsfassade des Wohnhauses zieht sich bis zur dritten Etage hinauf eine farbenprächtige Bouganville. Die Türen der Villa öffnen sich für Besucher nur für den Eingangsbereich im Erdgeschoss, die Bibliothek und das Esszimmer.
Das Entree besticht durch seine Moderne. Ein hauptsächlich in Weiß gehaltener, nach oben hin offener Raum wird durch die Sonnenstrahlen – die durch ein Oberlicht einfallen – in ein ganz besonderes Licht getaucht.
Ein besonderer Hingucker: Der Boden aus blauen und weißen quadratischen Mosaikfliesen bildet – für den Betrachter optisch gesehen – eine Kugel. Ganze drei Jahre hat der aus Artá stammende Künstler Josep Bru daran gearbeitet, diesen Effekt – Quadrate rund erscheinen zu lassen – zu erzielen.
Die kunstvollen Wandmalereien, auch in Weiß und Blau mit einem Hauch Rosé gehalten, sind in illusionistischer Trompe-l’œil-Maltechnik gestaltet. An der Wand neben der Treppe ist eine Treppe gemalt – etwas irritierend, wie wir finden.
Wir spazierten weiter über die großzügige Terrasse, die das gesamte Gebäude umgibt, vorbei an Palmen, Zypressen, immergrünen Hecken, einem blühenden Seerosenbassin und weiteren Skulpturen.
Das Highlight für uns war jedoch die phantastische Aussicht von hier oben auf das im Sonnenlicht schimmernde Meer, hinunter zur Cala Gat bis hin zum Leuchtturm von Capdepera.
Langsam ging es nun auf der anderen Seite des Anwesens zurück. Neben weiteren „starren“ Plastiken, kamen wir noch einmal an einer Stahlkonstruktion vorbei, die durch Bewegung ihr Aussehen verändert. Und noch einmal kam von unserer Fremdenführerin der Satz „Schauen Sie! Riechen Sie!“.
Prächtige weiße Magnolienblüten verbreiteten einen aromatischen Duft. Nach etwa einer Stunde und 20 Minuten endete die Führung.
Uns hat der Besuch hier sehr gefallen und wir können euch eine Besichtigung absolut empfehlen. Villa March – eine kleine Oase der Ruhe und Beschaulichkeit inmitten eines lebhaften Urlaubsortes.
Adresse: Calle Juan March, 07590 Cala Ratjada
Anmeldung unter 0034 971819467 oder 0034 689027353 oder direkt in der Touristeninformation von Cala Ratjada
Führungen werden wir folgt angeboten:
Januar bis April
Mittwoch 11:00 und 12:30 Uhr
Freitag 11:00 Uhr
Samstag 11:00 und 12:30 Uhr
Mai bis November
Mittwoch, Donnerstag, Freitag 10:30 und 12:00 Uhr
Samstag und Sonntag 11:00 und 18:00 Uhr