Denkt man an einen Urlaub auf Mallorca, fallen einem zuerst die Touristenorte an der Küste ein. Doch natürlich hat auch die Inselmitte lohnenswerte Ziele. Meist sind diese eher ruhige und beschauliche Orte ohne Heerscharen von Touristen. Die Uhren scheinen hier etwas langsamer zu gehen, alte Herren sitzen in Korbstühlen vor ihrem Haus, Frauen nehmen sich Zeit für ein Schwätzchen und die Katzen liegen faul in der Sonne und lassen sich durch nichts aus der Ruhe bringen.
Die Tour durch das Herz der Insel können wir denjenigen empfehlen, die abseits vom großen Urlauberrummel die Stille und Ursprünglichkeit der Insel zu schätzen wissen und sich auch für deren Tradition und Geschichte interessieren.
Startpunkt der Tagestour ist Sineu
Unseren Ausflug starten wir in Mallorcas geografischer Mitte, dem Städtchen Sineu. Hier hat man zwei Alternativen: man besucht den Ort am Mittwoch oder an einem der anderen Wochentage. Was der Unterschied ist? Mittwochs ist Markttag – neben frischem Gemüse, Obst, Brot, Wurst und Käse werden nur hier noch lebende Tiere wie Schafe, Pferde, Schweine, Hühner und Tauben zum Kauf angeboten.
Es gibt wohl keinen Reiseführer in dem dieser traditionelle Bauernmarkt nicht als unbedingt besuchenswert empfohlen wird, in Hotels oder bei lokalen Reiseveranstaltern kann man den Besuch als Halbtagsausflug buchen. Kurz und gut (oder schlecht): Sineu ist mittwochs hoffnungslos von Touristen überlaufen.
Egal aus welcher Richtung man in den Ort einfährt, die Pfarrkirche Nuestra Senyora des los Angeles mit dem imposanten Glockenturm dominiert die Silhouette. Der ursprüngliche Sakralbau, der bereits 1248 erstmals Erwähnung fand, wurde durch ein verheerendes Feuer im Jahr 1505 vollständig vernichtet und anschließend in der heutigen Form neu errichtet.
Vor der Kirche befindet sich die Statue des geflügelten Löwen „Lleó de Sant Marc“ zu Ehren des Heiligen Markus, der der Schutzpatron von Sineu ist. Die breite Treppe zu seinen Füßen führt direkt zum Marktplatz mit verschiedenen Bars und Cafés. Hier nehmen wir uns Zeit für ein gemütliches Frühstück in der typisch mallorquinischen Bar Triquet unseres Freundes Rafael, bevor wir in Richtung Sant Joan unser nächstes Ziel ansteuern.
Geschichte schnuppern in Els Calderers
In 15 Autominuten erreichen wir den ehemaligen Herrensitz Els Calderers. Neben dem dreistöckigen Hauptgebäude gehören historische Werkstätten, Stallungen und Felder zum Anwesen, die man besichtigen kann. Der Rundgang durch das Haus führt unter anderem durch Wohn- und Arbeitszimmer, Salon, Esszimmer mit einer festlich gedeckten Tafel, Küche, Jagdzimmer, Kapelle und Weinkeller, der grüne Innenhof mit einem kleinen Teich voller Goldfische lädt zum Verweilen ein.
In den historischen Schauwerkstätten werden die Handwerke, die einst von den Angestellten der Finca hier ausgeführt wurden, dargestellt. Dazu gehören zum Beispiel eine Schmiede, Wäscherei, Färberei oder auch die Backstube und das Schlachthaus. In den Stallungen werden noch heute Pferde, Esel, Ziegen, Schafe und das bekannte porc negre, das schwarze Schwein, gehalten. Im angrenzenden Hofladen kann man hier produzierte Köstlichkeiten wie Käse, Konfitüre, Honig oder Sobrasada erwerben.
Der Besuch von Els Calderes führt durch gut acht Jahrhunderte Geschichte Mallorcas und zeigt anschaulich den traditionellen Alltag seiner damaligen Bewohner.
Zum Mittag gibt es mallorquinische Köstlichkeiten
Von dem Freilichtmuseum geht es nun südlich auf die Ma 15 Richtung Manacor. Nach reichlich fünf Kilometern fahren wir in den Kreisverkehr mit den tanzenden Figuren ein. Direkt hier findet man rechter Hand das Restaurant Es Cruce mit der charakteristischen deftigen Hausmannsküche der Mallorquiner: ob Spanferkel, Lammkoteletts, Kaninchen, sopa mallorquin (Kohleintopf mit Schweinefleisch auf Brotscheiben), arrós brut (Reiseintopf mit Gemüse und Fleisch), gegrillte Fleischspieße oder – die Spezialität des Hauses – Schnecken, alles wird prompt serviert und die Preise sind wohl nicht zu toppen. Die Hauptgerichte liegen im Schnitt zwischen 4 und 7 Euro.
Das Restaurant ist insbesondere bei Einheimischen sehr beliebt, sodass es passieren kann, dass man schon Mal auf einen Tisch waren muss, obwohl hier Platz für bis zu 600 Gäste sein soll (entsprechend laut ist der Lärmpegel, aber der gehört für unser Dafürhalten zu einem typisch spanischen Restaurant einfach dazu).
Spektakuläre Aussicht im Kloster Bonany
Weiter geht es nun zum Kloster Bonany auf den gleichnamigen Puig de Bonany. Dazu nehmen wir am Kreisel die Ausfahrt nach Petra. Kurz nach dem Ortseingang ist das Kloster auf der linken Seite bereits gut ausgeschildert.
Von der Klosteranlage aus hat man eine tolle Fernsicht nach Manacor, über die Bucht von Alcudia bis zur Serra de Tramuntana (Tipp: von hier oben kann man auch wundervolle Sonnenaufgänge genießen).
Bon any heißt übersetzt „gutes Jahr“, der Legende nach gab es in der Umgebung im Jahre 1609 – vielleicht war es auch 1600 oder 1606, die Meinungen scheinen hier auseinander zu gehen – eine extreme Dürre. Die Bauern beteten zur Mutter Gottes um Regen und das Wunder geschah: in diesem Jahr wurde eine besonders gute Getreideernte eingefahren. Aus Dankbarkeit errichteten die Menschen die Kapelle. Das Majolikabild auf dem rechten Torpfeiler stellt diese Geschichte dar.
Mittlerweile ist es bei vielen Mallorquinern schon Tradition am Neujahrstag hier die Messe zu besuchen, um für ein gutes Jahr (bon any) zu bitten.
Auf dem Rückweg halten wir in Petra. Ruhig geht es hier zu, wenn man durch die verwinkelten Gässchen des Ortes läuft. An fast jedem Haus sind Keramikbilder angebracht, die an das Leben und Wirken von Junípero Serra, dem Gründer von San Francisco und großen Sohn der Stadt, erinnern. Das Casa Natal de Junípero Serra, in dem er seine frühe Kindheit verbrachte, und das benachbarte Museum sind neben der Pfarrkirche Sant Pere und Convent Sant Bernardi die Sehenswürdigkeiten der Ortschaft. Am Marktplatz gibt es genügend Bistros und Bars, um bei einem Café con leche zu verschnaufen.
Um unseren Tag bei einem romantischen Sonnenuntergang ausklingen zu lassen, fahren wir in den kleinen Fischerort Colonia de Sant Pere. Wirkliche Sehenswürdigkeiten sind hier nicht zu finden. Man flaniert einfach die Uferpromenade entlang und genießt bei einem guten Glas Wein den Sonnenuntergang.